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Strafbare Tötung auf Verlangen, straflose Suizidunterstützung und ein (problematischer) Beschluss des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs

Strafbare Tötung auf Verlangen, straflose Suizidunterstützung und ein (problematischer) Beschluss des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs

Year:    2023

Author:    Sternberg-Lieben, Detlev

Zeitschrift für Lebensrecht, Vol. 32 (2023), Iss. 1 : pp. 23–42

Abstract

Die Entscheidung des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs schreibt die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Beurteilung der Reichweite strafloser Mitwirkung an einem freiverantwortlichen Suizid in Abgrenzung zu einer strafbaren Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) fort: Ein Sterbewilliger ließ sich von der Angeklagten, seiner Ehefrau, eine Dosis tödlicher Medikamente reichen, die er freiverantwortlich handelnd einnahm. Um seinen Suizid abzusichern, ließ er sich von der Angeklagten, da er dies nicht selbst tun konnte, mehrere Insulinspritzen setzen, die überholend seinen Tod herbeiführten. Die freisprechende Entscheidung des 6. Strafsenats verdient im Ergebnis, nicht aber in ihrer dogmatischen Begründung Zustimmung: Der BGH stützt sich bei seiner Einstufung, dass die Ehefrau lediglich straflose Beihilfe zum Suizid geleistet hätte, zum einen darauf, dass bei normativer Bewertung das Reichen des Tabletten-Cocktails und das Setzen der Spritzen als einheitliche Handlung zu begreifen seien und insoweit der Sterbewillige die Zentralfigur des Geschehens sei; auch stellt er darauf ab, dass der Ehemann sich auch noch nach Setzen der Spritzen deren tödlichen Folgen hätte entziehen können. Dies überzeugt nicht, da eine derartige, im Übrigen nicht näher konturierte normative Umdeutung eines täterschaftlichen Handelns (Setzen der Spritze) in eine bloße Unterstützung im Strafrecht keinen Platz finden sollte. Die (tatsächlich ohnehin zweifelhafte) Handlungsmöglichkeit des Sterbewilligen nach dem Spritzen des Insulins sollte auch nicht als Tatherrschaft des Sterbewilligen gedeutet werden. Stattdessen kann der Freispruch zwar nicht auf das Fehlen objektiver Erfolgszurechnung infolge Selbstgefährdung des Opfers, aber auf eine Anwendung von § 34 StGB gestützt werden. Der Annahme eines rechtfertigenden Notstands stand vorliegend auch nicht der Schutzzweck von § 216 StGB (Bekräftigung prinzipieller Unantastbarkeit fremden Lebens gegenüber Fremdschädigungen) entgegen.

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Journal Article Details

Publisher Name:    Global Science Press

Language:    German

DOI:    https://doi.org/10.3790/zfl.32.1.23

Zeitschrift für Lebensrecht, Vol. 32 (2023), Iss. 1 : pp. 23–42

Published online:    2023-01

AMS Subject Headings:    Duncker & Humblot

Copyright:    COPYRIGHT: © Global Science Press

Pages:    20

Keywords:    Abgrenzung von strafloser Suizidbeihilfe zur täterschaftlichen Tötung auf Verlangen Garantenstellung bei Suizid Objektive Erfolgszurechnung bei Selbstgefährdung des Opfers Normative Betrachtung Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) Schutzzweck von § 216 StGB Suizid als Unglücksfall iSv § 323c StGB Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB)

Author Details

Sternberg-Lieben, Detlev

Section Title Page Action Price
Detlev Sternberg-Lieben: Strafbare Tötung auf Verlangen, straflose Suizidunterstützung und ein (problematischer) Beschluss des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs. Anmerkung zu BGH, Urteil vom 28.6.2022–6 StR 68/21 23
Anmerkung zu BGH, Urteil vom 28.6.2022–6 StR 68/21 23
I. Der Beschluss des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 28.6.2022 (6 StR 68/21) 23
1. Sachverhalt 23
2. Tragende Gründe und ein obiter dictum 24
II. Einschätzung der Entscheidung 26
1. Ablehnung einer Tötung auf Verlangen durch den 6. Strafsenat 26
a) Normzweck des § 216 StGB 26
aa) § 216 StGB als Schutzvorschrift des seine Tötung ernsthaft Verlangenden 26
bb) § 216 StGB als Schutzvorschrift zugunsten von Drittinteressen 29
b) Objektive Zurechnung des Todeserfolgs trotz freiverantwortlicher Selbstschädigung des Opfers 30
c) Abgrenzung von Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) und strafloser Suizidhilfe 33
d) Straflosigkeit infolge rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) 36
2. Ablehnung von §§ 216, 22, 23 StGB 39
3. Ablehnung von §§ 216, 13, 22, 23 und § 323c StGB 39
III. Fazit 41
Abstract 42
Schlagworte 42